18 Tage

Seit  meiner Ankunft sind schon 18 Tage vergangen. Ich weiß inzwischen zwar, wann die beste Zeit zum Duschen ist, kenne immerhin drei Viertel aller Namen und habe mich an Ruinen und streunende Hunde auf dem Schulweg gewöhnt, aber Normalität ist hier in Mostar noch nicht eingekehrt.

Was also ist in den vergangenen 18 Tagen geschehen? In der ersten Woche war die sogenannte „Induction Week“, für die unsere Secondyears alle möglichen Veranstaltungen und Ausflüge geplant haben. Leider überraschte uns bald der berühmt-berüchtigte Mostarische Regen, dabei klingt das Wort Regen an dieser Stelle fast zu sanft: Es war, als würde sich der Himmel plötzlich öffnen und unendlich viele Krüge mit klarem Wasser über der Stadt auskippen, das mit mächtigem Grollen und Trommeln die Straßen in Flüße, die alte Brücke in eine Rutsche und Wiesen in Seen verwandelte. Somit ist ein Teil der Aktivitäten im wahrsten Sinne des Wortes „ins Wasser gefallen“ bzw. wurde durch gemütliche Filmabende in den Residences ersetzt. Und ehrlich gesagt war mir das auch ganz Recht: Sicher, auf einiges hatte ich mich sehr gefreut, aber auf sich allein gestellt, in einem fremden Land und einer fremden Kultur in einen bunt zusammengewürfelten Haufen von Jugendlichen aus aller Welt geworfen zu werden ist allein schon ereignisreich (und anstrengend) genug. Insofern war ich über die Zeit, die ich zum Lesen, schlafen, Spazierengehen und gemütlich in der Residence sein hatte, ganz froh.

Ein Erlebnis möchte ich gern noch mit euch teilen:

Am Sonntag früh hat bei vielen von uns der Wecker zu einer fürs Wochenende ungewöhnlichen Stunde geklingelt: Der alljährliche Rafting-Trip stand an. Rafting- das ist eine Mischung aus Kajak- und Schlauchboot fahren, und der Ausflug ist für viele eines der schönsten Erlebnisse des Jahres. Ein quietschender Bus wartete vor der Schule und- nachdem die Tür mit etwas Gewalt doch geschlossen werden konnte- machte sich mit uns als Insassen auf den Weg zu einem kleinen Ort an der Neretva. Irgendwann stieg ein Herr fortgeschrittenen Alters in den Bus und erzählte- von dem Beginn seines Raftingunternehmens, vom Krieg, von Legenden die sich um den nahegelegenen Berg und den wilden Fluss ranken. Schließlich erreichten wir einen kleinen Parkplatz an einem Abhang. Wir erhielten Neoprenanzüge (meiner war mir mindestens 3 Größen zu groß) und spezielle Schuhe (ich hatte zwei linke). Raften selbst macht großen Spaß. In Gruppen von sieben rasten wir unter Anleitung eines Skippers in Schlauchbooten über Stromschnellen, stürzten kleine Wasserfälle hinab, und durchruderten mit vereinter Kraft stille Gewässer. Die Landschaft ringsherum war spektakulär- tiefe Schluchten, Wälder, Berge und Stränder säumten unsere Fahrt, und nach ein paar Stunden hielten wir auch an einem Strand- und stürzten uns ins Wasser. Die Strömung war so stark, dass man sofort mitgerissen wurde und aufpassen musste, rechtzeitig wieder ans Ufer zu hechten. Der eigentliche Höhepunkt war aber kulinarisch: die Skipper haben gemeinsam frische Fische überm Lagerfeuer gegrillt die (mit Brot und Zitrone) mit bloßen Händen verschlungen wurden. Ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass das der beste Fisch war, den ich in meinem ganzen Leben gegessen war. Vielleicht liegt es am langweiligen Kantinenessen, vielleicht liegt es an der frischen Luft und Bewegung, aber ich freue mich jetzt schon allein auf diesen Fisch im nächsten Jahr! Nach zwei weiteren Stunden im Schlauchboot erreichten wir das Haus des „Chefs“. Dort konnten wir uns aus den Neoprenanzügen schälen, abtrocknen und in warme Klamotten hüllen. Außerdem hat die Frau des „Chefs“ ein weiteres köstliches traditionell-bosnisches Mahl zubereitet. Schließlich, gegen Abend, setzten wir uns satt, zufrieden und nicht mehr ganz so durchgefroren in den Bus und fuhren zurück nach Mostar.

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